Traumberuf? Hebamme!
Vom Institut für Medienwissenschaft der Universität Tübingen machen wir uns auf den Weg nach München und treffen Franziska Gallecker. Sie ist Junghebamme.
Wir möchten herausfinden, wie es ist, als junge Frau die Verantwortung für werdende Mütter und ihre Kinder zu tragen und stellen die Frage: Hebamme mit Anfang 20 – geht das überhaupt?
von
Svenja König
Ines Marchand
Julia Schäfer
Franziska Wagner
Berufsbeschreibung: Hebamme
Berufsbeschreibung: Hebamme
Franziska musste früh feststellen, dass der Beruf einer Hebamme viel mehr beinhaltet als nur die "emotionale Seite". Auch wir haben uns gefragt, welche Aufgaben eine Hebamme erfüllt und wie die derzeitige Arbeitssituation in Deutschland aussieht.
Tätigkeitsfeld
Die Aufgaben einer Hebamme sind breit gefächert: von regelmäßigen Untersuchungen der werdenden Mütter über Geburtsvorbereitungskurse,
bis hin zur tatsächlichen Geburtshilfe und der anschließenden Wochenbettbetreuung.
Arbeitsverhältnis
Hebammen können als Festangestellte in Kranken- und Geburtshäusern oder großen Perinatalzentren tätig sein. Möglich ist aber auch die Freiberuflichkeit mit einer Spezialisierung auf Geburtshilfe, Vor- oder Nachsorge.
Freiberufliche Hebammen haben allerdings seit einigen Jahren mit erhöhten Haftpflichtprämien zu kämpfen. Viele entscheiden sich daher dazu, keine Geburtshilfe mehr anzubieten – trotz der hohen Nachfrage.
Geburtenrate
Lange Zeit sprach man in Deutschland von einem Trend zur Kinderlosigkeit.
Seit ein paar Jahren scheint sich das zu ändern. Die Geburtenrate
steigt an: während im Jahr 2015 730.000 Kinder geboren wurden, waren es
2011 noch 65.000 Geburten weniger.
Hebammenmangel
Obwohl die Zahl der Hebammen seit 2006 gestiegen ist, herrscht in Deutschland Hebammenmangel. Gründe dafür liegen unter anderem in der Schließung vieler Geburtshilfeabteilungen in Kliniken. Andere können aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nicht ausreichend Vollzeitkräfte einstellen. Angesichts der hohen Belastung durch die gestiegene Geburtenrate und der schwierigen Arbeitszeiten entscheiden sich viele Hebammen für eine Teilzeitstelle.
Aktuelle Zahlen
Zurzeit gibt es in Deutschland etwa 23.000 Hebammen. Davon arbeiten
rund 11.000 Hebammen und Entbindungspfleger in Krankenhäusern. Trotz der schwierigen Lage des Berufstands werden jährlich rund 500 neue Hebammen ausgebildet.
Quellen:
Hebammenverband
Statista
Deutschlandfunk.de
Zeit.de
Spiegel.de
Jetzt machen wir Geburten!Lehrjahre in Erlangen
Die fachliche Seite der Geburtshilfe lernte Franziska in Erlangen. Auf der dortigen Hebammenschule verbrachte sie ihre drei Ausbildungsjahre.
Wir schauen mit ihr zurück auf die Zeit im Erlanger Wohnheim, die ersten Geburten und ihren wohl schönsten Moment, die Examensfeier.
Nach meiner 14. Geburt hat mir ein Paar einen Kugelschreiber mit meinem eingravierten Namen geschenkt. Damit habe ich dann auch mein Examen geschrieben. Das Paar habe ich auch noch mehrfach getroffen und sogar vom zweiten Geburtstag des Babys ein Video bekommen. Irgendwie verbindet mich heute dieser Kugelschreiber mit meiner Zeit in Erlangen.
Rückblickend war es eine wirklich schöne Zeit, vor allem durch das Zusammenleben mit den anderen Hebammenschülern. Auf 100 Quadratmetern Wohnheim waren praktisch nur wir. Wir konnten uns immer über unsere Erfahrungen austauschen. Zum Beispiel gab es nach einer schlimmen Geburt genug Leute, die mich verstehen konnten. Dadurch sind sehr enge Freundschaften entstanden.
Rückwirkend betrachtet war Erlangen die richtige Hebammenschule. Das hätte ich während der Ausbildung nicht gedacht, aber jetzt als Berufseinsteigerin auf jeden Fall. Ich bin den Hebammen und dem ganzen System dankbar, weil ich viel von dort mitnehmen konnte.
Die war tatsächlich gar nicht in der Ausbildung, sondern vorher während eines Praktikums. Um Punkt 7 Uhr bin ich an meinem ersten Praktikumstag dagewesen. Aber es gab keine Hebamme, die mich einführen konnte. Also hat mich eine Stationshilfe einfach in den nächsten Kreissaal geschoben. Und in dem Moment als ich reingekommen bin, ist gerade das Köpfen gekommen. Das heißt, gleich in den ersten zehn Minuten des Praktikums habe ich schon meine erste Geburt miterlebt.
Nein, nicht an alle. Seit der Ausbildung führe ich aber ein Geburtenbuch. Darin sind alle Geburten dokumentiert und ich kann jederzeit nachschauen, wie viele Mütter ich bereits begleitet habe. Ich notiere, wie viele davon Spontangeburten waren, wie viele Kaiserschnitte und welche Risikofaktoren es gab. Und natürlich interessiert mich auch, welche Kindernamen gewählt werden.
Mehr als nur Händchenhalten Der Berufseinstieg
Nach der Ausbildung beginnt Franziska ihren Berufsweg als klinische Hebamme. Sie entscheidet sich für das
Perinatalzentrum Großhadern in München.
Seit Anfang des Jahres 2017 arbeitet sie nun dort.
Eine große Fachkompetenz ist hier äußerst wichtig.
Wir begleiten sie dorthin und wollen herausfinden, welche Aufgaben sie heute hat und warum die Herausforderungen in Großhadern ganz besondere sind.
Arbeitsalltag im Perinatalzentrum
Die besondere Überwachung in GroßhadernFluch und Segen
Aufgrund der außergewöhnlichen Bedürfnisse von Mutter und Kind tragen die Hebammen im Klinikum Großhadern viel Verantwortung.
Das Vertrauen der Ärzte müssen sie sich deshalb erst erarbeiten. Bis dahin werden alle Handgriffe genau überwacht. Für Franziska Fluch und Segen zugleich.
Zwei Menschenleben in den Händen halten
Trotz strenger Überwachung trägt Franziska eine große Verantwortung. Jeden Tag trifft sie weitreichende Entscheidungen. Manchmal sogar über Leben und Tod.
In diesen Situationen muss schnell reagiert werden.
Es bleibt wenig Zeit für Schwäche, Angst oder Zweifel.
Franziskas Devise: Pragmatismus.
Hören Sie hier, wie Franziska diese Situation erlebt hat.
Mut zur Entscheidung
Die Verantwortung einer Hebamme liegt also auch darin, zu entscheiden, wann ein Arzt hinzugezogen wird. Franziska hat schon einmal zu spät entschieden.
Und daraus gelernt.
Das Vertrauen wächst
Hören Sie hier, wie Franziska vom schönsten Moment ihres Berufs spricht.
Hebamme mit Anfang 20? Geht gut!
In unseren Gesprächen wurde klar, dass nicht allein das Alter über eine gute oder schlechte Hebamme entscheidet. Es ist die Empathie und der Mut, Entscheidungen zu treffen.
Und die Liebe zum Beruf.
DanksagungDiese Webdoku entstand im Rahmen der Lehrredaktion "Online: Multimediale Formate“ unter der Leitung von Pia Fruth und Kiron Patka für das Studienfach Medienwissenschaft im Master an der Eberhard Karls Universität Tübingen.
An dieser Stelle möchten wir uns bei all denjenigen bedanken, die dieses Projekt möglich gemacht haben.
Zunächst gebührt unser Dank Franziska Gallecker, da sie uns einen tiefen Einblick in ihr Leben als Junghebamme ermöglicht hat und uns viel Zeit und Geduld während unserer Dreharbeiten geschenkt hat.
Ebenfalls möchten wir uns beim Klinikum der Universität München bedanken, im Speziellen dem Perinatalzentrum Großhadern und seinen Mitarbeitern sowie Patienten.
Bedanken möchten wir uns vor allem bei Prof. Dr. med. Uwe Hasbargen und Heike Wolff für ihre fachliche Auskunft.
Ein besonderer Dank gilt Timea Maria Majzik, Caterina-Lena Schaitl und Veronika Weiglein. Ihre Hilfsbereitschaft, Stärke und Offenheit haben uns sehr beeindruckt.
Anschließend möchten wir uns bei der Hebammenschule Erlangen bedanken und nicht zu vergessen bei Magdi, die eine große Stütze während unserer Dreharbeiten war.
Svenja König
Ines Marchand
Julia Schäfer
Franziska Wagner